Muskelaufbau

Ich würde Heute gerne mal ein anderes Problem, als das der Sättel, ansprechen. Wie sicher vielen meiner Kunden bewusst ist, versuche ich mich immer wieder weiter zu bilden und dazu zu lernen. Dazu kommen natürlich auch Gebiete, die weit über meine eigentliche Arbeit hinaus gehen. Unter anderem haben Marie und ich auch an Kursen an der Universität Leipzig und Kurse bei Chris Debski Teil genommen. Hierbei ging es hauptsächlich um die Anatomie und Biomechanik der Pferde. Was für uns als Sattler wichtig ist, ist die Passform zum Pferd. Mich trifft es aber immer wieder, dass sich die Pferde nicht immer so entwickeln, wie ich erhofft hatte und da kommen wir zum heutigen Thema.

Ein Fehler auf den ich seit Jahrzehnten gestoßen bin, ist dass Sättel dem befindlichen Körper angepasst werden. Dieses Anpassen kann direkt kontraproduktiv sein. Ich muss als Sattler oder als Sattelanpasser wissen, wie das Pferd richtig bemuskelt aussehen sollte. Ich kann oder sollte einem schlecht bemuskeltem Pferd den Sattel nicht optimal anpassen, da ich ja dem Pferd die Voraussetzung gewährleisten möchte, dass es die Muskulatur korrekt aufbauen kann. Hierbei arbeite ich gerne mit dem Christ-Pad Ultra Tripple Plus XH mit drei Taschen auf jeder Seite. Besonders bei jungen Pferden, die noch wachsen und sich entwickeln. Bei erwachsenen Pferden kann man einen zweiten hinteren Vorstoß einbauen oder die Kissen vorne teilen und senken. Es gibt so viele Sachen, die man an einem Sattel verändern kann, um ihn zum liegen zu kriegen. Natürlich sind diese Änderungen Zeit- und Preisaufwändig, aber bei den meisten Sätteln lohnt es sich, diese Eingriffe durch zu führen und es wird fast immer deutlich günstiger, als ein anderer, auch gebrauchter Sattel wäre. Aber hilft es dem Pferd sich korrekt zu entwickeln?

All dies ist letztendlich rausgeschmissenes Geld, soweit ich das Pferd nicht richtig arbeite. Nicht nur ein schlechter Reiter oder schwerer Reiter, sondern auch ein superguter und auch leichter Reiter macht sich das Pferd im schlimmsten Fall kaputt, wenn er dieses auf falsche Art gearbeitet hat. Ein großes Thema in der heutigen Reiterwelt ist die Trageerschöpfung, Trageschwäche oder Trageermüdigung. Ein Thema was nicht gerne angesprochen wird und niemand hören will, dass sein Pferd an Trageerschöpfung leidet. Nun ist das nicht das Ende der Welt, sollte aber vielleicht trotzdem in Betracht gezogen werden, dies zu ändern. Grundsätzlich liegt das Problem darin, dass das Pferd zu früh, zu lange, zu oft und zu viel gearbeitet wird. Wer mehr darüber erfahren möchte , sollte sich das Video von Karin Kattwinkel anschauen. Dort wird das Ganze ein wenig mehr erklärt. Das Video findet Ihr hier: https://www.youtube.com/watch?v=9N72pfsovLc&t=190s

Da ist aber eine andere Sache die in dieser Sache angesprochen werden sollte und das ist der Muskel in sich. Die Muskulatur im Pferd ist auf gleiche Weise aufgebaut, wie bei uns Menschen. Wir, so auch die Pferde, haben verschieden Muskeln mit verschiedenen Aufgaben. Sie sind unterschiedlich stark, unterschiedlich lang und haben unterschiedliche Aufgaben. Es gibt statische Muskeln und dynamische Muskeln. Soweit sind wir überein, nehme ich an. Wo sich aber die Gemüter unterscheiden, ist die Tatsache, dass einige doch immer noch der Auffassung sind, dass Muskeln bei Anstrengung oder in der Arbeit zunehmen und das ist mittlerweile wissenschaftlich bewiesen, dass das nicht der Fall ist. Muskeln nehmen in den Ruhefasen zu. Ein Bodybuilder würde den Bizeps nicht zwei Tage hintereinander trainieren. Das wäre kontraproduktiv! 48 Stunden, also zwei Tage, braucht der Muskel, um sich zu erholen und sich zu regenerieren. Erst dann habe ich die Voraussetzung, Masse zu entwickeln. Das gleiche gillt auch beim Pferd.

Nun ist es natürlich leichter für den Menschen, nur und ausschließlich den Bizeps zu arbeiten, als was es bei dem Pferd wäre. Der Unterschied liegt wohl eher darin, wie ich das Pferd arbeite. Aber auch wenn der Bodybuilder am Abend zuvor die Oberschenkel trainiert hat, kann er nicht Zuhause auf dem Sofa liegen bleiben um die Beine zu schonen. Er muss sich trotzdem bewegen. Es geht hier daher nicht um die Bewegung in sich, sondern um die Belastung in der Bewegung. Tägliches Dressurtraining ist genauso schlecht wie tägliches Bizepstraining. Es ist die Belastung der beanspruchten Muskeln, die bewusst in Betracht gezogen werden sollten. Tägliche Dressur, ist genauso schlecht, wie tägliches Springtraining oder tägliche Circusübungen. Im Training dürfen wir aber auch nicht das Reitergewicht vergessen, so zum Beispiel Dressurtraining an der Doppellounge wäre weniger anstrengend für das Pferd als mit Reiter. Ein weiterer Aspekt ist natürlich in die andere Richtung mit einem schwereren Reiter. Die Besitzerin wiegt 50 kg und reitet das Pferd sechs Tage die Woche. Ihr Mann reitet das Pferd aber auch, nur reitet er nur alle paar Wochen, aber er wiegt 90 oder 95 kg. Natürlich macht auch das einen Unterschied nicht nur für die Tragfähigkeit sondern auch für die Ausdauer des Pferdes. Um so schwerer das Gewicht, desto kürzer die Ausdauer. Demnach kann das Pferd den 50 kg Reiter länger tragen, als den 95 kg Reiter.

Die Vielfallt und die Variation macht den Unterschied. Es gibt so viele Aspekte, wie das Pferd beeinflusst wird. Beides im positiven aber auch im negativen Sinne. Eine andere Sache, die vielen nicht Bewusst ist: wie viel Spaß macht es dem Bodybuilder jeden Tag nur die Bizeps zu trainieren? Wie viel Spaß macht es dem Judoka, jeden Tag nur ein und den selben Wurf zu üben? Zu unterscheiden hier ist definitiv zwischen Muskelaufbau und Bewegungsablauf. Bewegungsablauf führt zu „Muscelmemory“ (Muskelerinnerung). Das hat aber nichts mit Muskelaufbau zu tun. Musclememory kann man theoretisch täglich machen, Muskeltraining auch, aber nicht den selben Muskel. Es spielt eigentlich keine Rolle, welche Sportart wir auch ansprechen, in keiner werden zwei Krafttage für die selbe Muskelgruppe auf einander ausgeführt. Weder bei Kraftsport, HIIT noch Pilatis, wieso dann beim Pferd?

Nun sollen die Freizeitreiter aber nicht denken, sie wären besser als die Turnierreiter. Auch hier haben wir das Problem, dass zu wenig Training oder zu viel falsches Training durchgeführt wird. Eine halbe Stunde hier und eine dreiviertel Stund da und ein bisschen Longieren (Schleudern) und dann zum Wochenende einen drei oder vierstündigen Ausritt mit den Mädels. Wenn der gewöhnliche Freizeitsportler drei Mal wöchentlich ein paar Kilometer joggen geht, kann er zum Wochenende auch keinen Marathon oder Halbmarathon laufen. Sogar Distanzreiter müssen ihre Pferde auch dorthin trainieren.

Viele Reiter haben große Ansprüche an ihren Pferden und arbeiten hart und viel an ihren Zielen, bedenken aber nicht, dass das Pferd diese Ziele umsetzen können muss. Das Pferd macht fast alles, was wir von ihm verlangen oder erwarten, nur ist es sehr gewöhnlich, dass diese Arbeit mit der falschen Muskulatur ausgeführt wird. Zu guter Letzt noch ein Gedanke zum grübeln. Benutze ich meine Bein oder meinen Rücken, um eine Kiste Wasser zu heben? Mach ich es richtig, benutze ich die Beine! Die Kraft liegt in den Beinen. Das Selbe sollte beim Pferd gelten. Das Pferd muss auf die Hinterhand, um die Vorderhand, den Brustkorb und den Reiter zu heben und zu tragen. Dafür muss es aber auch die richtige Muskulatur benutzen und sobald die richtige Muskulatur müde wird, fängt das Pferd an die Kiste Wasser mit dem Rücken zu heben.

Ohne dem richtigen Aufbau endet der Ehrgeiz des Reiters, leider in der Trageschwäche des Pferdes!

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